Mittwoch, 27. Mai 2009

Maien- und Pfingsttage früher

Wie das Wetter so spielt. Wie heute war am 1. Mai mal strahlender Sonnenschein, mal regnete es. Wenn's sonnig war, ging's zur Maiwanderung. Die Eltern waren froh, dass frei war. Der Vater hatte keinen Dienst, und auch für die Mutter, so wie's sein soll zu Hause und für die Kinder sorgend, waren Feier- und Sonntage immer etwas Besonderes. Am 1. Mai sowieso.
Mit Freunden gingen wir dann am späteren Vormittag los. Über den nahen Waldweg durchs Maiengrün. Die Kundgebungen in der Stadt, bei denen eh wieder das Gleiche oder zumindest Ähnliches wie im Vorjahr und im Vorjahr und im Vorjahr... - wie heute - auf dem Programm stand, interessierten in unserem Freundes- und Bekanntenkreis nicht. Immerhin aber gab es dort wie stets Profilierungsversuche von Gewerkschaftern und Politikern.
Die Kinder hatten kleine Kästchen mit Luftöffnungen dabei. Umfunktionierte Zigarrenkisten. Deshalb schauten sie auch intensiv zu den Bäumen. Maikäfer finden und fangen. Es gab reichlich in verschiedenen Färbungen, vom hellen Braun bis zum Schornsteinfeger, mit fast schwarzem Gewand. Keine Frage, bald schon war das Krabbeln aus den Kisten zu hören. Sicher, es ist nicht schön, Tiere in Kisten oder Käfigen zu halten. Die EU scheint sich dem zumindest noch nicht nachhaltig angenommen zu haben. Enge und Profit vor freier Haltung. Aber bei den Maiausflügen und der Begutachtung durch die Kinderschar, wer welche und wie viele hatte, wurden die Krabbeltiere wieder freigelassen.
Am 1. Mai war die Strecke so ausgesucht, dass sie nach einiger Zeit zu einem Gasthof führte. In eine Gartenwirtschaft oder, wie man heute sagt, in einen Biergarten. Frühschoppenkonzert. Die Väter und größeren Brüder labten sich am Bier, die Frauen versuchten die Maibowle, den grünen alkoholisch angereichterten Waldmeistertrunk. Mittags gab's einen deftigen Eintopf, Würstchen oder Kotelett mit Kartoffelsalat. Alles erschwinglich. Danach machte man sich guter Stimmung auf den Heimweg. Der freie Tag der Arbeit klang aus.

Grüne Pfingsten
Pfingsten war anders. Zum Fest der Ausschüttung des Heiligen Geistes ging es morgens mit den Nachbarfamilien erst in den Gottesdienst. Die eine Abteilung nach St. Peter und Paul in die katholische Kirche, die andere, evangelische, ins Gemeindehaus am Rosterberg oder die altehrwürdige Martinikirche im alten Stadtkern. Zum Nachmittag traf man sich mit Freunden und Bekannten. Entweder bei ihnen oder zu Hause. Es gab guten Kuchen, zum Beispiel Boden mit Erdbeeren oder mit eingweckten Kirschen und frischer Schlagsahne. Ich glaube, diesen trefflichen Schlagsahnen-Geschmack wie bei dem weißen, süßen Produkt früher aus der Bäckerei, frisch in eine mitgebrachte Schüssel abgefüllt, habe ich bis heute nicht mehr gehabt. Enttäuschend. Aber nicht ungewöhnlich, bei Brot und Brötchen ist es meist auch so.
Der Kaffee war ebenfalls anders zubereitet. Aufgeschüttet. Es wurden Bohnen gemahlen und das Gemahlene mit heißem Wasser überbrüht, was natürlich "Satz" gab, oder das Kaffeepulver wurde in einen Filter gegeben, der dann nach und nach mit heißem Wasser übergossen wurde. Man weiß heute, dass frisch gemahlene Bohnen ein viel üppigeres Aroma entfalten als schon länger fertig gemahlene in der Verpackung, wobei das Pulver dann erst auch noch die Kaffeemaschine durchläuft.
Auf jeden Fall ging es dann nach dem Kaffeeplausch zu einem Spaziergang in den nahen Wald. Für den Nachwuchs passte es auch, weil mit den Familienbesuchen auch immer - altersgerecht - Kinder dabei waren.
Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre änderte sich das nach und nach. Es kamen Autos ins Spiel. Man ging weniger spazieren, sondern unternahm Ausflugsfahrten. Die erste Zeit auch noch gemeinsam. Mit mehreren Autos und Familien ging es dann in den Westerwald und ins Bergische, nach Koblenz zum Deutschen Eck, an den Rhein und nach Königswinter mit dem Drachenfels. Zum Mai oder zu Pfingsten schmückte man dann, um etwas von den Tagen beizubehalten, das Auto, zum Beispiel am Kühlergrill, mit frischen, grünenden Ästen.
Noch viel früher wurden diese Frühlingsfeste vor allem von der Jugend viel intensiver begangen. Manche Tradition ist in dem einen oder anderen Dorf noch erhalten geblieben. Im Siegerland war es zum Maienbeginn das ausgesuchte Maimädchen und zu Pfingsten zogen die Burschen mit dem von grünem Ginster und Birkenzweigen umhangenen Pfingstlümmel um. Von Haus zu Haus. Wie im Mai sagte man ein kleines Gedicht auf und sammelte Gaben wie Eier, Speck und anderes. Darauf wurde anschließend bei einem gemütlichen Beisammensein Leckeres "gezaubert". Der "Pengstlömmel" oder der "Pengste-Maa" ist noch einigen bekannt.
So manches davon lebt auch in den Heimatbüchlein bei www.buchjuwel.de auf.

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