Samstag, 23. Mai 2009

Schnelle Aufklärung: Mord nebenan

Ein Dienstagabend im Oktober, 20.40 Uhr. Susanne Berger drückt mit zittrigen Händen die Telefontasten: 1 1 0. Sie hat Schreckliches gesehen. Die brünette 38-Jährige hatte schon von solchen Fällen gehört. Aber ein Toter quasi direkt vor ihrer Haustüre?
Sie stand noch unter Schock, als Hauptkommissar Motz mit Assistentin Anne Frieborg an der Haustüre läutete. Die Kripoleute stellten sich vor. Sie baten Frau Berger kurz zu schildern, was sie gesehen hatte und ihnen den Toten zu zeigen. „Da im Schuppen neben dem Haus habe ich ihn zufällig gefunden, weil ich etwas abstellen wollte“, stotterte sie. „ Alles war voller Blut.“ Die gesamte Kleidung des Toten war blutüberströmt. „Kennen Sie den Mann?“ fragte Motz. „Ja, ja“, antwortete sie unter Tränen. „Es ist Jens, ... Jens Margur.“ Um die Spurenlage nicht zu verändern, streiften sich die Kripoleute die Schutzhandschuhe über. In der inneren Jackettasche fanden sie den Ausweis. „Er wohnt in der Marktstraße.“. „Ja,“ sagte Susanne stockend, „das ist nur ein paar Straßen weiter.“
Die Kommissare nehmen an, dass das Opfer letztlich wohl verblutet ist und bemerken, dass auf dem staubigen Boden von der Türe her Schleifspuren sind. Sie leiten alles in die Wege, fordern Spurensicherung und Gerichtsmedizin an. Als sich Frau Berger etwas beruhigt hat, bohren sie nach. „Sie kennen das Opfer. Haben Sie es gut gekannt? Wann haben Sie Jens Margur zum letzten Mal gesehen?“ Es stellt sich schnell heraus, dass Susanne Herrn Margur nicht nur kannte, sondern, was sie auf drängende Fragen zugab, schon etwa eineinhalb Jahre ein Verhältnis mit ihm hatte. „Jens kam ab und zu in der Woche nach der Arbeit zu mir. Weil die Treffen so selten waren, blieben wir meist hier bei mir. Heute ist er gegen 19 Uhr gegangen. Frau Berger war geschieden. Seit elf Jahren. Ihr früherer Mann wohnte aber weit entfernt und war wieder verheiratet. Kommissar Motz lässt nicht locker. Wie war das heute Nachmittag? Hatten Sie Streit?“ „Nein, im Gegenteil, es waren harmonische zwei Stunden, und wir haben uns für Freitagnachmittag wieder verabredet.“

Die nächste Runde
Für Kommissar Motz und Assistentin ist es zwar Routine, aber dennoch nie einfach, die Angehörigen des Toten zu informieren. Sie klingeln in der Marktstraße 12 bei Marga Margur, der Ehefrau des Opfers. Sie stellen sich vor und sagen: „Frau Margur, wir haben etwas Wichtiges mit Ihnen zu besprechen. Dürfen wir hereinkommen?“ „Natürlich, um was geht es?“ „Setzen Sie sich bitte“, sagt Anne Frieborg. „Wir müssen Ihnen etwa Unangenehmes mitteilen. Es geht um Ihren Mann. Er ist tot. Aber kein Unfall. Wahrscheinlich ist er getötet worden.“ Die aparte 42-Jährige springt auf, stößt einen gedehnten Entsetzensschrei aus und vergräbt sich dann wieder im Sessel. „Wann haben Sie Ihren Mann zuletzt gesehen?“ fragt Kommissarin Anne. „Heute morgen, als er wie immer gegen halbacht zur Arbeit ging.“ „Motz hakt nach. War alles so wie immer? Hatte er Feinde?“ Marga Markur erzählt leise, dass alles völlig normal gewesen sei. Sie könne sich nicht vorstellen, dass ihr Mann Feinde gehabt habe. Und auf die Frage, ob Sie nicht nachmittags wartete, da ihr Mann doch meist um etwa 16.30 Uhr Arbeitsschluss habe, antwortete sie direkt: „Nein, nein!“ Ihr Mann müsse oft Überstunden schieben. „Manchmal fährt er auch erst noch in die Stadt, um Besorgungen zu machen.“
„Wir haben ihn nur ein paar Straßen weiter in einem alten Schuppen gefunden. Vom Hals an völlig blutüberströmt. Kein schöner Anblick.“ Marga Markur vergoss ein paar Tränen. „Wer wird so schrecklich mit einem Messer auf ihn eingestochen haben?“
Kommissar Motz und Assistentin Anne Frieborg schauten sich an. „Frau Markur, danke für Ihre Aussage. Bitte sagen Sie uns, wenn Sie Ihren Mann nochmals sehen wollen."
Im Auto war den Kommissaren schnell diese Aussage klar. Denn niemand hatte bisher davon gesprochen, dass Jens Margur mit Messerstichen tödlich attackiert wurde. Die Auswertung der Gerichtsmedizin ergab dann auch, dass das Oper mehrere Stiche in den Hals bekommen hatte und ins Herz, der dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich war. Marga Markur wurde verhaftet und der Prozess gemacht. Wie sich herausstellte, wusste sie schon seit über einem halben Jahr von dem Verhältnis ihres Mannes. Sie selbst hatte ebenfalls bereits längerer Zeit einen Liebhaber, der jetzt gefordert hatte, dass sie zu ihm ziehen und sich endlich scheiden lassen solle. Sie hatte ihrem Mann an diesem dunklen Herbstabend aufgelauert, ihn gar nicht mehr erst zur Rede gestellt und ihn mit dem Dolchmesser attackiert. Als er zusammensank, zog sie ihn in den Schuppen und ließ in dort liegen. Das Messer warf sie im weiten Bogen weg. Die Spurensicherung fand es hinter einer alten Schubkarre. „Schlecht abgewischt“, stellte der Fachmann von der „Spusi“ fest. „Noch viele brauchbare Spuren.“
Georg Hainer

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